Montag, 2. November 2009
Fiktiver Monolog eines Bürgers und Ex-Nazis; BRD, späte 50er
striped star, 19:21h
[Dieser Text ist Anfang des Jahres in der Psychiatrie entstanden, aus dem Reiz, sich in den Zeitgeist einzufühlen]
Mit dem Faschismus, das is vielleicht n Dreck. So die Art von Dreck, da kannste zwanzig Jahre waschen, und der is immer noch da. Ich war dabei, und dran geglaubt hab ich auch, hammer ja fast alle. Klar, heut schrein se alle, wo man weiß, die ham dringesteckt, sie sind getäuscht und belochn wordn. Ich sach, ich hab mich getäuscht und mich belogen. Glaub, das is ehrlicher so.
Ich mein, wenn da einer ankommt und sagt dir, du, deine Rasse is die beste, und du gehörst zum überlegenen, auserwähltn Volk, da sachste doch erst mal nich nein zu, ne? Un wenn der dann sagt, ich weiß wer Schuld is am Schlamassel in der Welt, und der kennt nen Haufen Spezalisten, die sagen das auch, dann klingt das doch irngdwie logisch. Und den Schurken, die die Welt da so versaut ham, eins aufs Dach gehm, so falsch kann das ja auch nich sein.
Klar, heut sagste dir, das, das und das hättste doch wissen müssen, wennste nich blind warst, aber s is nu ma nich so gewesen.
Hab ja auch noch ne Weile gebraucht, als der Mist schon vorbei war, bis ichs ganz kappiert hab. Wenn dich Onkel Sam umzingelt hat, und du guckst in n Revolver, da denkste doch nich, Hurrah, jetzt muß ich endlich nicht mehr unter der Hitlersau leiden, sondern da denkste, Ach, Scheiße Mann, läßt die Knarre inn Matsch fallen, und dann denkste ne Weile gar nich mehr.
Aber nee, sowas darfste ja heut nich mehr sagen. Da mußte spätestens dagegen gewesen sein, wenn die Allies s erste mal anner Tür geklopft ham, oder am besten gleich schon immer, selbst wenn du ganz oben warst. Das is ja nu der Trick bein Liberalen und Deepees und n Adenauerverein. Se warn alle nur dabei, weil se so noch besser gegen n Faschismus kämpfen konnten. Würd der olle Adolf noch leben, der wär bestimmt au bei denen un würd sagen, er war am dagegensten. Und wennste se heut hörst, da merkste, so dagegen könn die gar nich gewesen sein. Gegen de Juden sagense nix mehr, aber eigentlich denkense, wir hätten damals die ganze Bande ausrotten oder ins Meer jagen sollen, und daß da Bolschewisten und Asoziale und Tunten und Zigeuner in den KZs saßen und vergast worden, so falsch war das auch wieder nich. Manche von den, die demokratisch tun, die sagen das auch laut, im Suff, oder in Reden, aber da drücken sies schöner aus.
Und bei den Roten, da warste entweder so dagegen, daß es jeder sieht, wie der tote Schumacher. Da willste aber auch nich mit tauschen, so die ganze Nazizeit gefoltert wern. Oder du hälst am besten die Schnauze. Wenn de als Sozi dabei warst und du sagst das, da machen se dich von links bis rechts fertig, die einen, weil se damit nix zu tun ham wollen, die andern, weil se endlich mal mitm Finger wo hinzeigen könn.
Nee, da lieber ehrlich sagen, ich hab mitgejubelt, und mehr wie draus lernen kann ich nu auch nich mehr. Bloß, was genau willste lern? Mit Kraft durch Freude hammer uns verarscht, aber Wohlstand für alle, oder Proletarier aller Länder vereinicht euch, oder glaub an unsern Gott, da kommste in n Himmel, da weißte doch au nich wie schief s gehen kann, wenn de dem folgst. Un so ganz ohne Idologie und Religion is au wieder blöd.
Gut, denk ich mir, machste bei de Kommunisten mit, denen verdankste, daß der Mist vorbei is, da sind die plötzlich wieder verboten. Ach verdammt, vielleicht sollt ich rüber in die Zone, da gehts vielleicht besser. Und wenns mir dort mies geht, au egal. Wär doll, wenn ich so dieses Scheiß schlechte Gewissen loswerd und n bißchen den Nazidreck abwaschen kann, aber das wird wohl auch nix.
Verdammt, ihr könnt mich mal kreuzweise.
[Umgangston, Schreibfehler und Inhalt sind so gewollt]
Mit dem Faschismus, das is vielleicht n Dreck. So die Art von Dreck, da kannste zwanzig Jahre waschen, und der is immer noch da. Ich war dabei, und dran geglaubt hab ich auch, hammer ja fast alle. Klar, heut schrein se alle, wo man weiß, die ham dringesteckt, sie sind getäuscht und belochn wordn. Ich sach, ich hab mich getäuscht und mich belogen. Glaub, das is ehrlicher so.
Ich mein, wenn da einer ankommt und sagt dir, du, deine Rasse is die beste, und du gehörst zum überlegenen, auserwähltn Volk, da sachste doch erst mal nich nein zu, ne? Un wenn der dann sagt, ich weiß wer Schuld is am Schlamassel in der Welt, und der kennt nen Haufen Spezalisten, die sagen das auch, dann klingt das doch irngdwie logisch. Und den Schurken, die die Welt da so versaut ham, eins aufs Dach gehm, so falsch kann das ja auch nich sein.
Klar, heut sagste dir, das, das und das hättste doch wissen müssen, wennste nich blind warst, aber s is nu ma nich so gewesen.
Hab ja auch noch ne Weile gebraucht, als der Mist schon vorbei war, bis ichs ganz kappiert hab. Wenn dich Onkel Sam umzingelt hat, und du guckst in n Revolver, da denkste doch nich, Hurrah, jetzt muß ich endlich nicht mehr unter der Hitlersau leiden, sondern da denkste, Ach, Scheiße Mann, läßt die Knarre inn Matsch fallen, und dann denkste ne Weile gar nich mehr.
Aber nee, sowas darfste ja heut nich mehr sagen. Da mußte spätestens dagegen gewesen sein, wenn die Allies s erste mal anner Tür geklopft ham, oder am besten gleich schon immer, selbst wenn du ganz oben warst. Das is ja nu der Trick bein Liberalen und Deepees und n Adenauerverein. Se warn alle nur dabei, weil se so noch besser gegen n Faschismus kämpfen konnten. Würd der olle Adolf noch leben, der wär bestimmt au bei denen un würd sagen, er war am dagegensten. Und wennste se heut hörst, da merkste, so dagegen könn die gar nich gewesen sein. Gegen de Juden sagense nix mehr, aber eigentlich denkense, wir hätten damals die ganze Bande ausrotten oder ins Meer jagen sollen, und daß da Bolschewisten und Asoziale und Tunten und Zigeuner in den KZs saßen und vergast worden, so falsch war das auch wieder nich. Manche von den, die demokratisch tun, die sagen das auch laut, im Suff, oder in Reden, aber da drücken sies schöner aus.
Und bei den Roten, da warste entweder so dagegen, daß es jeder sieht, wie der tote Schumacher. Da willste aber auch nich mit tauschen, so die ganze Nazizeit gefoltert wern. Oder du hälst am besten die Schnauze. Wenn de als Sozi dabei warst und du sagst das, da machen se dich von links bis rechts fertig, die einen, weil se damit nix zu tun ham wollen, die andern, weil se endlich mal mitm Finger wo hinzeigen könn.
Nee, da lieber ehrlich sagen, ich hab mitgejubelt, und mehr wie draus lernen kann ich nu auch nich mehr. Bloß, was genau willste lern? Mit Kraft durch Freude hammer uns verarscht, aber Wohlstand für alle, oder Proletarier aller Länder vereinicht euch, oder glaub an unsern Gott, da kommste in n Himmel, da weißte doch au nich wie schief s gehen kann, wenn de dem folgst. Un so ganz ohne Idologie und Religion is au wieder blöd.
Gut, denk ich mir, machste bei de Kommunisten mit, denen verdankste, daß der Mist vorbei is, da sind die plötzlich wieder verboten. Ach verdammt, vielleicht sollt ich rüber in die Zone, da gehts vielleicht besser. Und wenns mir dort mies geht, au egal. Wär doll, wenn ich so dieses Scheiß schlechte Gewissen loswerd und n bißchen den Nazidreck abwaschen kann, aber das wird wohl auch nix.
Verdammt, ihr könnt mich mal kreuzweise.
[Umgangston, Schreibfehler und Inhalt sind so gewollt]
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Dienstag, 27. Oktober 2009
Hilfe, die Amis kommen!
striped star, 18:39h
Amerikanische Unternehmen, amerikanische Musik, amerikanische Freizeitbeschäftigungen, die englische Sprache - das alles überschwemmt Deutschland und wird in Kürze dafür sorgen, daß von der deutschen Kultur nichts mehr übrig ist?
Von wann könnte ein derartiges Lamento stammen? Aus der heutigen Zeit? 1980er? 1950er? 1920? 1890?
Die Amerikanisierung Deutschlands wird seit eineinhalb Jahrhunderten beklagt, und, allen fanatischen Kassandrarufern zum Trotz, unsere Kultur hat das bislang ganz gut überstanden. Natürlich finden sich in unserer Sprache viele neuere Ausdrücke, die englische Wurzeln haben. In fünfzig Jahren werden wir bei vielem nicht einmal mehr daran denken, daß es einmal fremd war, und möglicherweise hat sich dann auch die Schreibweise an deutsche Gewohnheiten angepaßt.
Vor dem Einfluß des angloamerikanischen Raumes war es Frankreich, von wo der Großteil der Kultur, der Sprache, des quivive importiert wurde. Davor irgendwann einmal das römische Reich. Haben wir wirklich so viel dadurch verloren, daß wir nicht mehr in Lehmhütten wohnen? Wer würde sich heute noch über Latinizismen wie "Fenster" den Kopf zerbrechen? Auch Italien und der slawische Raum haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluß auf unsere Lebensweise.
Man möchte fast das Gefühl bekommen, die ganze Welt hätte sich verschworen, Deutschland und sein Wesen auszurotten. Au contraire. Unsereins sendet selbst fleißig Waren und Lebensweise in alle Welt.
Was ist nun eigentlich das Land, dessen Kultur am grundlegendsten zerstört wird, in dem Einwanderer und Fremde ihre Sprache und Lebensweise tagtäglich den Leuten aufzwingen? Ausgerechnet die gerne verteufelten USA.
Und wie wird das dort betrachtet? Als Bereicherung - und das zurecht!
Menschen und Kulturen zusammenführen. Das ist Globalisierung, wie sie sein sollte.
Von wann könnte ein derartiges Lamento stammen? Aus der heutigen Zeit? 1980er? 1950er? 1920? 1890?
Die Amerikanisierung Deutschlands wird seit eineinhalb Jahrhunderten beklagt, und, allen fanatischen Kassandrarufern zum Trotz, unsere Kultur hat das bislang ganz gut überstanden. Natürlich finden sich in unserer Sprache viele neuere Ausdrücke, die englische Wurzeln haben. In fünfzig Jahren werden wir bei vielem nicht einmal mehr daran denken, daß es einmal fremd war, und möglicherweise hat sich dann auch die Schreibweise an deutsche Gewohnheiten angepaßt.
Vor dem Einfluß des angloamerikanischen Raumes war es Frankreich, von wo der Großteil der Kultur, der Sprache, des quivive importiert wurde. Davor irgendwann einmal das römische Reich. Haben wir wirklich so viel dadurch verloren, daß wir nicht mehr in Lehmhütten wohnen? Wer würde sich heute noch über Latinizismen wie "Fenster" den Kopf zerbrechen? Auch Italien und der slawische Raum haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluß auf unsere Lebensweise.
Man möchte fast das Gefühl bekommen, die ganze Welt hätte sich verschworen, Deutschland und sein Wesen auszurotten. Au contraire. Unsereins sendet selbst fleißig Waren und Lebensweise in alle Welt.
Was ist nun eigentlich das Land, dessen Kultur am grundlegendsten zerstört wird, in dem Einwanderer und Fremde ihre Sprache und Lebensweise tagtäglich den Leuten aufzwingen? Ausgerechnet die gerne verteufelten USA.
Und wie wird das dort betrachtet? Als Bereicherung - und das zurecht!
Menschen und Kulturen zusammenführen. Das ist Globalisierung, wie sie sein sollte.
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Sonntag, 15. Juni 2008
Freies Tibet?
striped star, 11:10h
Wie schön kann es doch sein, sich nicht mit einer komplizierten Realität herumschlagen zu müssen, wenn man auch stupide vereinfachen kann. Die Debatten um diese chinesische Provinz erfüllen diesen Anspruch ziemlich gut.
In der öffentlichen Darstellung wirkt es so, als würden alle Tibeter kollektiv unter der chinesischen Regierung leiden und hätten als einzigen Wunsch, die Selbständigkeit zurückzuerlangen. Ganz so einfach scheint die Sache dann aber doch nicht.
Zunächst einmal wären da diejenigen zu subtrahieren, denen es mit dem jetzigen Zustand ganz gut geht. Es folgen die, die sich stärkere kulturelle oder politische Autonomie wünschen, den chinesischen Staat aber keinesfalls verlassen möchten. Übrig bleibt eine Gruppe von sehr öffentlichkeitswirksamen Seperatisten und eine Zentralregierung, die wieder einmal die dümmstmögliche Vorgehensweise wählt. Anstatt zwischen verschiedenen Gruppen zu differenzieren, prügelt man propagandistisch und real auf alle ein und stellt ausgerechnet den Dalai Lama, der einen unschlagbaren internationalen Ruf besitzt und eigentlich gegen eine Abspaltung ist, als finsteren Rädelsführer dar. Ob dieser begeistert davon ist, von jedem als Aushängeschild gebraucht zu werden, läßt sich spekulieren, aber unter diesen Umständen bleibt ihm keine Wahl.
Würde man von chinesischer Seite aus deutlich machen, daß es ausschließlich um eine radikale Minderheit und den Erhalt der nationalen Integrität geht, wären die Symphatien deutlich anders verteilt.
In der öffentlichen Darstellung wirkt es so, als würden alle Tibeter kollektiv unter der chinesischen Regierung leiden und hätten als einzigen Wunsch, die Selbständigkeit zurückzuerlangen. Ganz so einfach scheint die Sache dann aber doch nicht.
Zunächst einmal wären da diejenigen zu subtrahieren, denen es mit dem jetzigen Zustand ganz gut geht. Es folgen die, die sich stärkere kulturelle oder politische Autonomie wünschen, den chinesischen Staat aber keinesfalls verlassen möchten. Übrig bleibt eine Gruppe von sehr öffentlichkeitswirksamen Seperatisten und eine Zentralregierung, die wieder einmal die dümmstmögliche Vorgehensweise wählt. Anstatt zwischen verschiedenen Gruppen zu differenzieren, prügelt man propagandistisch und real auf alle ein und stellt ausgerechnet den Dalai Lama, der einen unschlagbaren internationalen Ruf besitzt und eigentlich gegen eine Abspaltung ist, als finsteren Rädelsführer dar. Ob dieser begeistert davon ist, von jedem als Aushängeschild gebraucht zu werden, läßt sich spekulieren, aber unter diesen Umständen bleibt ihm keine Wahl.
Würde man von chinesischer Seite aus deutlich machen, daß es ausschließlich um eine radikale Minderheit und den Erhalt der nationalen Integrität geht, wären die Symphatien deutlich anders verteilt.
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Zum Drama von Amstetten
striped star, 10:52h
Vor einer Weile ist in Österreich ein Verbrechen aufgedeckt worden, das in seiner Schwere beinahe die Vorstellungskraft überschreitet. Dem mutmaßlichen Täter wird unter anderem vorgeworfen:
jahrelange Freiheitsberaubung
fahrlässige Tötung
vielfache Vergewaltigung
Inzest
mehrfacher Kindsentzug
Nun kann man darüber streiten, welche dieser Taten die schlimmste darstellt und das beste Identifikationsmerkmal für die Tat darstellt. Die Presse scheint hier keine Schwierigkeiten zu sehen und spricht in diesem Zusammenhang bevorzugt vom Inzestfall.
Vielleicht ist mein Wertebild verschoben, aber als größtes Vergehen sehe ich das eigentlich nicht an. Ich wittere hier, insbesondere nach dem kürzlich gescheiterten Versuch, diese Lebensform in Deutschland zu legalisieren, eine Art der Meinungsmache. Wenn innerfamiliäre Liebesbeziehungen zukünftig mit derartigen Taten assoziiert wird, dürfte die Schranke dafür wesentlich höher liegen.
Naja, zumindest kann man froh sein, daß nicht das alte Wort der Blutschande genutzt wird.
jahrelange Freiheitsberaubung
fahrlässige Tötung
vielfache Vergewaltigung
Inzest
mehrfacher Kindsentzug
Nun kann man darüber streiten, welche dieser Taten die schlimmste darstellt und das beste Identifikationsmerkmal für die Tat darstellt. Die Presse scheint hier keine Schwierigkeiten zu sehen und spricht in diesem Zusammenhang bevorzugt vom Inzestfall.
Vielleicht ist mein Wertebild verschoben, aber als größtes Vergehen sehe ich das eigentlich nicht an. Ich wittere hier, insbesondere nach dem kürzlich gescheiterten Versuch, diese Lebensform in Deutschland zu legalisieren, eine Art der Meinungsmache. Wenn innerfamiliäre Liebesbeziehungen zukünftig mit derartigen Taten assoziiert wird, dürfte die Schranke dafür wesentlich höher liegen.
Naja, zumindest kann man froh sein, daß nicht das alte Wort der Blutschande genutzt wird.
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