Sonntag, 15. Juni 2008
Freies Tibet?
Wie schön kann es doch sein, sich nicht mit einer komplizierten Realität herumschlagen zu müssen, wenn man auch stupide vereinfachen kann. Die Debatten um diese chinesische Provinz erfüllen diesen Anspruch ziemlich gut.
In der öffentlichen Darstellung wirkt es so, als würden alle Tibeter kollektiv unter der chinesischen Regierung leiden und hätten als einzigen Wunsch, die Selbständigkeit zurückzuerlangen. Ganz so einfach scheint die Sache dann aber doch nicht.
Zunächst einmal wären da diejenigen zu subtrahieren, denen es mit dem jetzigen Zustand ganz gut geht. Es folgen die, die sich stärkere kulturelle oder politische Autonomie wünschen, den chinesischen Staat aber keinesfalls verlassen möchten. Übrig bleibt eine Gruppe von sehr öffentlichkeitswirksamen Seperatisten und eine Zentralregierung, die wieder einmal die dümmstmögliche Vorgehensweise wählt. Anstatt zwischen verschiedenen Gruppen zu differenzieren, prügelt man propagandistisch und real auf alle ein und stellt ausgerechnet den Dalai Lama, der einen unschlagbaren internationalen Ruf besitzt und eigentlich gegen eine Abspaltung ist, als finsteren Rädelsführer dar. Ob dieser begeistert davon ist, von jedem als Aushängeschild gebraucht zu werden, läßt sich spekulieren, aber unter diesen Umständen bleibt ihm keine Wahl.

Würde man von chinesischer Seite aus deutlich machen, daß es ausschließlich um eine radikale Minderheit und den Erhalt der nationalen Integrität geht, wären die Symphatien deutlich anders verteilt.

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